Vorbemerkung zur Vermeidung von Tierleid
Die Nebula Biocides GmbH ist bestrebt, wann immer möglich, Tierleid zu vermeiden und Tierversuche durch in vitro-Tests zu ersetzen. In einigen Fällen sind für das Sporosan®-System in vivo-Tests erforderlich, da in vitro-Tests unter standardisierten Bedingungen, wie physiologischem pH-Wert, durchgeführt werden. Dabei bildet sich kein ONOOH aus H₂O₂ und NO₂⁻ (siehe Erläuterungen zum Wirkstoff), weshalb die Ergebnisse in den meisten Fällen nicht aussagekräftig sind.
Um verlässliche Aussagen zur Sicherheit des neuartigen Wirkstoffs zu erlangen, sind Tierversuche leider unumgänglich. Die Planung und Durchführung der Tierversuche erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Prüflaboren unter strikter Einhaltung ethischer und wissenschaftlicher Standards.

Mutagenität und Genotoxizität
Oxidative Biozidwirkstoffe wie hypochlorige Säure, Hypochlorit, Chlordioxid und Peressigsäure sind bekannte in-vitro-Genotoxine [8]. Auch die Vorläufer von ONOOH, NO₂⁻ und H₂O₂, gelten als „falsch-positive“ Toxine - Substanzen, die in vitro-Genotoxizität zeigen, jedoch aufgrund ausreichender in-vivo-Daten als sicher eingestuft werden [1]. Um eine potenziell erbgutschädigende Wirkung von H₂O₂ und NO₂⁻ während der Sporosan®-Reaktion auszuschließen, wurde ein Testprodukt entwickelt, das äquimolare Mengen beider Edukte enthält. Diese Edukte werden während der Reaktion vollständig umgesetzt und bilden die Reaktionsmasse des Sporosan®-Prozesses. In den mit diesem Testprodukt durchgeführten in vitro-Tests gemäß OECD 471 und OECD 487 wurden weder mutagene noch genotoxische Wirkungen festgestellt. Dieses Testdesign wird als geeignetes Standardverfahren für die in vitro-Prüfung von Desinfektionsprodukten nach dem Sporosan®-Verfahren angesehen, da es die Untersuchung der Wechselwirkungen mit weiteren Additiven wie Tensiden oder Chelatbildnern ermöglicht, während oxidierende Spezies vom Test ausgeschlossen bleiben.
Ein direkter Test des gesamten Reaktionssystems wurde in vivo mittels alkalischem Comet-Assay (OECD 489) mit dermaler Applikation durchgeführt, um DNA-Strangbrüche zu detektieren. Sowohl die Edukte NO₂⁻ und H₂O₂, als auch ONOOH und dessen Zerfallsprodukte NO₂ und OH sind dafür bekannt, in vitro DNA-Strangbrüche zu induzieren [2-6]. Nach dermaler Applikation mit Sporosan® wurden weder in Hautzellen noch in der Leber DNA-schädigende Effekte beobachtet. Dies lässt sich durch die ausgeprägte pH-Abhängigkeit der ONOOH-Bildung erklären (siehe Erläuterungen zum Wirkstoff): Während die Reaktion an der Hautoberfläche mit einem pH-Wert von 4,5 bis 5,5 stattfinden kann, steigt der pH-Wert unterhalb der Hornschicht, wo sich lebende Zellen befinden, auf 7 bis 7,4 an [7, 8]. Daher werden die Edukte auf der Hautoberfläche schnell verbraucht, und selbst Edukte, die potenziell in tiefere Hautschichten diffundieren können, tragen aufgrund des höheren pH-Wertes in diesen Schichten nicht zur Bildung von ONOOH bei. Beide Edukte kommen natürlicherweise in der Haut vor: So wird angenommen, dass angesäuertes NO₂⁻, das im Schweiß enthalten ist, einen Beitrag zum unspezifischen Abwehrmechanismus gegen Mikroorganismen leistet. H₂O₂, das sowohl aus endogenen als auch exogenen Quellen stammt, wird hingegen durch die hohe Katalasekonzentration in der Haut reguliert [9, 10].
Fazit:
Das Sporosan®-Verfahren zeigt, wie bei anderen oxidativen Wirkstoffen auch, in in-vitro-Tests ein genotoxisches Potenzial. Im Gegensatz dazu weist die Reaktionsmasse von NO₂⁻ und H₂O₂ kein genotoxisches Potenzial auf. Die praxisrelevanten in vivo-Tests bestätigen, dass das Sporosan®-System kein genotoxisches Potenzial besitzt.
Tabelle 1: Überblick über die Resultate in den Kategorien Mutagenität und Genotoxizität | ||||
Test specification | Test type | Date | Description of results | Laboratory |
OECD 489 | in vivo: Alkaline Comet Assay on Rat Skin and Liver | 11.12.2019 | The test substance showed no genotoxic or DNA-damaging effect at any of the concentrations tested. Furthermore, no toxic symptoms or clinically relevant changes (including erythema formation on the treated skin) were detected. Sporosan® and Sporosan® in combination with isopropanol were tested. | TOXI-COOP (Hungary) |
OECD 471 | in vitro: Ames Test on reaction products (equimolar) | 18.09.2023 | No genotoxic activity of the test material was observed. Tests were performed using reaction product with equimolar H2O2 and NO2- concentrations. | Bioserv (Germany) |
OECD 487 | in vitro: Mammalian Cell Micronucleus Test on reaction producs (equimolar) | 30.05.2024 | No genotoxic effects could be observed. Tests were performed using reaction product with equimolar H2O2 and NO2-concentrations. | Bioserv (Germany) |
Zytotoxizität, Hautreaktionen und systemische Toxizität
Die Toxizität des Sporosan®-Systems wurde in verschiedenen in-vitro- und in-vivo-Studien untersucht (siehe Tabelle 2).
Der LD50-Cut-Off-Wert für das aus NO₂⁻ und H₂O₂ gebildete ONOOH wurde in einer in-vivo-Studie gemäß OECD 423 (Cut-Off-Wert für die GHS-Einstufung) mit 500 mg/kg Körpergewicht nach einmaliger oraler Verabreichung bestimmt. Bei dieser Dosis starben keine Tiere. Dies erscheint überraschend, da Natriumnitrit eine LD50 von nur 85 mg/kg aufweist. Der Unterschied lässt sich jedoch durch die beschleunigte Umwandlung von Edukten zu ONOOH unter sauren Bedingungen im Magen erklären, wobei ONOOH direkt zu NO₃⁻ zerfällt. Der LD50-Wert von Natriumnitrat, der mit 1267 mg/kg angegeben wird, steht in Einklang mit unseren Ergebnissen. Um diese Werte ins Verhältnis zu setzen: Eine 50 kg schwere Person müsste 50 ml Sporosan® SD konsumieren, um die von der EFSA festgelegte akzeptable tägliche Nitrataufnahme von 185 mg zu erreichen [11]. Im Vergleich dazu wären 8 Liter erforderlich, um den für ONOOH bestimmten LD50-Grenzwert zu erreichen.
Die Toxizität bei wiederholter Verabreichung sowie die potenziellen Auswirkungen von Sporosan® auf Reproduktion und Entwicklung wurden in einer in vivo-Studie gemäß OECD 422 bewertet. Die dermale Anwendung des Sporosan®-Systems bei Ratten zeigte keine Hinweise auf größere systemische oder reproduktions- bzw. entwicklungstoxische Effekte. An der Applikationsstelle wurden jedoch entzündliche Hautläsionen beobachtet, die höchstwahrscheinlich durch mechanische Reizung (Juckreiz) infolge der applizierten Prüfsubstanz verursacht wurden. Solche unerwünschten Wirkungen traten nur bei Konzentrationen auf, die das Zwölffache der in Sporosan® SD eingesetzten Mengen übersteigen, nicht jedoch bei niedrigeren Konzentrationen (vierfache ONOOH-Konzentration). Bei diesen niedrigeren Konzentrationen wurde ONOOH, das aus H₂O₂ und NO₂⁻ erzeugt wird, in in vitro-Studien gemäß den Richtlinien OECD 439 und OECD 492 weder als haut- noch augenreizend eingestuft.
Um auszuschließen, dass sich nach einem Wasch- und Desinfektionszyklus aus den Rückständen des Sporosan®-Desinfektionssystems und den Materialien des Waschgutes (Edelstahl und Polypropylen) zytotoxische Verbindungen bilden, wurde ein in vitro-Zytotoxizitätstest gemäß DIN EN ISO 10993-5 durchgeführt. Der Test an Proben aus rostfreiem Stahl sowie weißem und transparentem Polypropylen ergab, dass während des Prozesses keine zytotoxischen Rückstände auf den behandelten Oberflächen zurückbleiben. Die Patientensicherheit ist zu jedem Zeitpunkt gewährleistet.
Fazit:
Experimente mit dermaler Applikation des Wirkstoffsystems zeigen, dass eine systemische Verfügbarkeit von ONOOH nicht zu erwarten ist. Die Toxizität von Sporosan® nach oraler Aufnahme ist geringer als die des Edukts NO₂⁻, was auf die direkte Umwandlung in NO₃⁻ unter sauren Bedingungen zurückzuführen ist.
Tabelle 2: Überblick über die Resultate in den Kategorien Zytotoxizität, Hautreaktionen und systemische Toxizität | ||||
Test specification | Test type | Date | Description of results | Laboratory |
OECD 439 & EU-Method B.46 | in vitro: Skin Irritation Potential | 23.08.2022 | The test item B001_N+H is considered non-irritant to skin in the Reconstructed human Epidermis (RhE) Test Method | LAUS (Germany) |
OECD 492 | in vitro: Eye Hazard Potential | 26.08.2022 | Under the conditions of the test, B001_N+H is considered non-eye irritant (GHS No Category) in the EpiOcular Eye irritation Test | LAUS (Germany) |
OECD 429 | in vivo: Local Lymph Node Assay | 29.09.2022 | Based on the results of this study, PEROXINITROUS ACID, generated form SODIUM nitrite ans Hydrogen peroxide is not considered a skin sensitizer under the conditions of this LLNA study. | Slovak Medical University |
OECD 422 | in vivo: repeated Dose Toxicity with Reproduction Screening | 28.08.2023 | dermal application of the test material in different doses did not cause evidence of major systemic toxicity or reproduction/developmental toxicity according to OECD 422 | Bioserv (Germany) |
OECD 423 | in vivo: Acute oral toxicity | 20.06.2024 | the test item Peroxynitrous Acid is classified in GHS Category 4 with a LD50 cut off value 500 mg/kg body weight, after single oral administration to Wistar rats ( for comparison: LD50 value for NaNO2 is 85 mg/kg) | Slovak Medical University |
DIN EN ISO 10993-5 | in vitro: Cytotoxicity | 04.07.2024 | Possible residues on the wash ware after cleaning and disinfection in the washer-disinfector do not trigger any cytotoxic effects. Patient safety can be regarded as given. | Hygiene Nord (Germany) |
Literatur:
[1] M. J. Prival, V. F. Simmon, and K. E. Mortelmans, "Bacterial mutagenicity testing of 49 food ingredients gives very few positive results," Mutation research, vol. 260, no. 4, pp. 321–329, 1991. doi: 10.1016/0165-1218(91)90017-G. [Online]. Available: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/016512189190017g
[2] J. Cadet et al., "Hydroxyl radicals and DNA base damage," Mutation research, vol. 424, 1-2, pp. 9–21, 1999. doi: 10.1016/S0027-5107(99)00004-4. [Online]. Available: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/s0027510799000044
[3] D. Schrenk et al., "Risk assessment of nitrate and nitrite in feed," EFSA Journal, vol. 18, no. 11, 2020, doi: 10.2903/j.efsa.2020.6290.
[4] Radiation and hydrogen peroxide induced free radical damage to DNA, 1987. [Online]. Available: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/pmc2149485/
[5] E. Bermúdez, S.-F. Ferng, C. Castro, and M. G. Mustafa, "DNA Strand Breaks Caused by Exposure to Ozone and Nitrogen Dioxide," Environmental Research, vol. 81, no. 1, pp. 72–80, 1999. doi: 10.1006/enrs.1999.3955. [Online]. Available: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/s0013935199939555
[6] V. Yermilov, Y. Yoshie, J. Rubio, and H. Ohshima, "Effects of carbon dioxide/bicarbonate on induction of DNA single-strand breaks and formation of 8-nitroguanine, 8-oxoguanine and base-propenal mediated by peroxynitrite," 0014-5793, vol. 399, 1-2, pp. 67–70, 1996. doi: 10.1016/S0014-5793(96)01288-4. [Online]. Available: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/s0014579396012884
[7] H. Lambers, S. Piessens, A. Bloem, H. Pronk, and P. Finkel, "Natural skin surface pH is on average below 5, which is beneficial for its resident flora," International Journal of Cosmetic Science, vol. 28, no. 5, pp. 359–370, 2006, doi: 10.1111/j.1467-2494.2006.00344.x.
[8] H. Ohman and A. Vahlquist, "In vivo studies concerning a pH gradient in human stratum corneum and upper epidermis," Acta Derm Venereol, vol. 74, no. 5, pp. 375–379, 1994. doi: 10.2340/0001555574375379. [Online]. Available: https://medicaljournalssweden.se/actadv/article/view/16406
[9] R. Weller, R. J. Price, A. D. Ormerod, N. Benjamin, and C. Leifert, "Antimicrobial effect of acidified nitrite on dermatophyte fungi, Candida and bacterial skin pathogens," J Appl Microbiol, vol. 90, no. 4, pp. 648–652, 2001, doi: 10.1046/j.1365-2672.2001.01291.x.
[10] M. Szczepanczyk, T. Ruzgas, F. Gullfot, A. Gustafsson, and S. Björklund, "Catalase Activity in Keratinocytes, Stratum Corneum, and Defatted Algae Biomass as a Potential Skin Care Ingredient," Biomedicines, early access. doi: 10.3390/biomedicines9121868.
[11] A. Mortensen et al., "Re-evaluation of potassium nitrite (E 249) and sodium nitrite (E 250) as food additives," vol. 15, no. 6, 2017, doi: 10.2903/j.efsa.2017.4786.